„Muslime sind darin frei, selbst festlegen zu dürfen, was sie für ihre Glaubensausübung als verpflichtend erachten und was nicht. Erklären müssen sie sich dafür nicht“, sagte der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Kemal Ergün, anlässlich der Kopftuch-Debatte in Österreich. Kemal Ergün weiter:
„Religionsfreiheit bedeutet insbesondere auch Definitionsfreiheit. Die Bestimmungshoheit über Glaubensinhalte obliegt den Gläubigen selbst. Diese Selbstverständlichkeit darf nicht zur Diskussion gestellt werden. Wenn Muslime zunehmend ihren theologischen Standpunkt gegenüber staatlichen Übergriffen rechtfertigen müssen, ist Anlass zur Sorge gegeben.
So eine Praxis ist unvereinbar mit dem Neutralitätsgebot. Der Staat ist nicht befugt, sich in die inneren Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft einzumischen. In Österreich wird die Trennung von Staat und Religion offenbar nicht sehr ernst genommen, wenn ein religiöses Gutachten zum Kopftuch politisiert wird und Staatsvertreter Religionsgemeinschaften dazu aufrufen, ihre theologische Position zu überdenken. Das Gutachten bringt ein religiöses Gebot zum Ausdruck, dessen tatsächliche Befolgung in der Verantwortung des Individuums liegt.
Staatliche Akteure sollten sich in Fragen, in denen ihnen sowohl die rechtlichen wie auch die fachlichen Kompetenzen fehlen, zurückhaltend äußern. Ein Staat ist nämlich kein neutraler mehr, wenn er selbst festzulegen versucht, was geglaubt werden darf und was nicht.“