Verehrte Muslime!
Morgen ist der zehnte Tag des Monats Muharram, also der Aschûrâ-Tag. Es ist sehr verdienstvoll am Aschûrâ-Tag und einen Tag vorher bzw. nachher zu fasten. Dazu gibt es zahlreiche Überlieferungen unseres Propheten Muhammad (s). So berichtet Abû Katâda, dass unser Prophet, als man ihn nach dem Aschûrâ-Fasten fragte, antwortete: „Es verdeckt die Sünden des vergangenen Jahres.“[1]
Der Aschûrâ-Tag ist aber nicht nur ein Tag des Fastens. Wir verbinden auch traurige Ereignisse mit ihm. Denn an diesem Tag wurde Husayn (r), der Enkel unseres Propheten, samt seiner Familie in Kerbela ermordet.
Liebe Geschwister!
Am Aschûrâ-Tag wurde die Reue des ersten Menschen Adam (a) angenommen, Nûh (a) fand Rettung vor der Sintflut, die Israeliten wurden unter der Führung des Propheten Mûsâ (a) aus der Unterdrückung durch den Pharao gerettet. Das allein ist aber noch kein Grund, diesem Tag eine besondere Bedeutung zu geben.
Ein Tag oder ein Zeitabschnitt ist nur dann wertvoller als andere, wenn es ein göttliches Wort dazu gibt – und das ist beim Aschûrâ-Tag oder auch bei der Kadr-Nacht der Fall. Wenn nicht, wäre nur schwer erklärbar, dass der Prophetenenkel Husayn (r) an diesem Tag verraten wurde und den Märtyrertod fand. Yazîd und seine Anhänger hingegen begingen Verrat gegenüber Allah; dieser Tag bringt keine Erlösung für sie.
Verehrte Muslime!
Folgender Koranvers wird üblicherweise als Hinweis auf die Errettung Mûsâ (a) am Aschûrâ-Tag verstanden: „Und wir bestimmten Mûsâ dreißig Nächte und vollendeten sie mit zehn (anderen,) so dass die von seinem Herrn festgesetzte Zeit in vierzig Nächten erfüllt war. Und Mûsâ sprach zu seinem Bruder Hârûn: ‚Sei mein Stellvertreter gegenüber meinem Volk und verhalte dich wohl und folge nicht dem Weg derer, die Verderben stiften.’“[2]
Wenn wir den Vers aufmerksam lesen, sehen wir, dass es vor allem darum geht, Allah bewusst zu dienen. Dass Mûsâ (a) seinen Bruder Hârûn (a) an seine Stelle setzte, bedeutet eigentlich: Lade diese Menschen zu dem ein, wozu ich sie einlud, gebiete das, was ich auch geboten habe. Gefährde nicht die gesellschaftliche Ordnung, folge nicht jenen, die sich mit Hetze und Zwietracht beschäftigen, höre nicht auf sie!
Liebe Geschwister!
Der Aschûrâ-Tag ist weder ein Tag des Trauerns noch ein Tag des Feierns. Er ist vielmehr eine besondere Möglichkeit für Dankbarkeit, Tawba, Hinwendung und Zuflucht zu Allah zu zeigen. Unser Duâ sollte es deshalb sein, dass Allah uns auf dem rechten Weg führt, dass unser Bewusstsein für die Gemeinschaft zunimmt und unsere Geschwisterlichkeit gestärkt wird. Wir sollten dafür beten, dass Allah uns Kraft in unserem Kampf gegen unser Nafs gibt und alle Menschen erlösen möge.
Verehrte Muslime!
Auf dieser Welt lebten Propheten wie Adam (a), Nûh (a), Ibrâhîm (a) und Mûsâ (a). Sie alle waren und sind Vorbilder für uns. Selbst 100 Ramadanmonate, Kadr-Nächte und Aschûrâ-Tage haben keine Bedeutung, wenn wir nicht dem Weg dieser Propheten und zuletzt unseres Propheten folgen. Möge euer Aschûrâ-Tag gesegnet sein!
[1] Muslim, Siyâm, 1162/2, Hadith Nr. 2603
[2] Sure Arâf, 7:142