Urteil gegen Mladic begrüßenswert, aber viel zu spät

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Kemal Ergün, Genel Başkan

„Das Urteil gegen Mladic ist allenfalls ein Mindestmaß an Gerechtigkeit. Europa ist aufgerufen, eine EU-weite Erinnerungskultur rund um den Völkermord in Srebrenica zu etablieren“, erklärt Kemal Ergün, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist das Völkermord-Urteil des UN-Tribunals gegen Ratko Mladic. Der serbische Militärführer wurde wegen Völkermord zu lebenslanger Haft verurteilt. Kemal Ergün weiter:

„Auf das Urteil gegen Ratko Mladic haben die Mütter von Srebrenica viel zu lange warten müssen. Das Gericht in Den Haag brauchte 24 Jahre für einen Richterspruch. Das ist viel zu lange, um gerecht sein zu können. Zahlreiche Angeklagte wurden erst nach ihrem Tod verurteilt, auf der anderen Seite verweilen zahlreiche Hinterbliebene nicht mehr unter uns; sie haben diesen Schuldspruch nicht erlebt.

Dafür haben sie über viele Jahre erleben müssen, wie Beschuldigte teilweise trotz erdrückender Beweislast freigesprochen wurden und die Tatverdächtigen das Tribunal als Bühne für ihre unerträgliche Propaganda missbrauchten. Viele Kriegsverbrecher wurden erst gar nicht zur Rechenschaft gezogen.

Insofern ist das Urteil gegen Mladic allenfalls ein Mindestmaß an Gerechtigkeit. Für die Schuld, die Mladic und seine Mittäter auf sich geladen haben, wäre ohnehin jede Bestrafung zu milde gewesen. Er hat mehr als 8.000 bosnische Muslime auf grausamste Art ermorden lassen, mitten in Europa einen Völkermord begangen.

Von dieser Erkenntnis ist Serbien jedoch nach wie vor weit entfernt, von Schuldbewusstsein keine Spur. Deshalb ist die Europäische Union aufgerufen, eine kollektive Erinnerungskultur rund um den Völkermord in Srebrenica zu etablieren. Dazu ist sie nicht nur verpflichtet, weil Serbien Mitglied der Europäischen Union ist, sondern weil der Völkermord auch durch die Untätigkeit der Europäischen Gemeinschaft erst ermöglicht wurde.“