Verehrte Muslime!
Der Mensch hat einen Körper und einen Geist. Das Letztere unterscheidet ihn von allen anderen Geschöpfen und verleiht ihm eine besondere Würde. Im Koran heißt es: „Dann formte er ihn und blies von seinem Geist in ihn. Und er gab euch Gehör, Gesicht, Gefühl und Verstand. Wenig Dank erweist ihr ihm!“[1]Dieser Geist ist jedem von uns anvertraut worden; sie ist eine Amâna, die wir bis zu unserem Lebensende mit uns tragen. Danach kehren wir zu Allah zurück, denn: “…Siehe, wir gehören Allah, und zu ihm kehren wir heim.“[2] Der Geist war rein, als er uns gegeben wurde; wir sollten uns bemühen, ihn auch rein zurückzugeben. Darin besteht unsere Prüfung. Der Weg dazu besteht darin, den Wünschen und Gelüsten unseres Nafs zu widerstehen und ihn zu bändigen.
Liebe Geschwister!
Der Nafs versucht den Menschen zur Sünde zu verleiten. Je öfter ihm das gelingt, desto stärker wird er. Doch je näher das Leben am Islam ausgerichtet ist, desto schwächer wird er. Im Koran heißt es: „Was immer an Gutem dir widerfährt, ist von Allah, und was immer dir an Üblem widerfährt, ist von dir selbst“.[3] Das ist ein Hinweis darauf, wie gefährlich der Nafs ist. Unser Prophet ﷺ wies darauf hin, indem er betete: „O Allah! Wir suchen Zuflucht bei dir vom Bösen unseres Nafs!“[4] Und auch in der Vergangenheit kannten die Großen unter den Muslimen die Gefahr des Nafs, und beteten deshalb: „O Allah! Lass mich nicht alleine mit meinem Nafs, und sei es auch nur für einen Augenblick!“
Verehrte Muslime!
In unserer Zeit wird der Nafs geradezu zur Sünde aufgestachelt. Die Menschheit hat sich ihre Launen und Wünsche fast schon zur Religion gemacht und verbringt ihr Dasein damit, ihnen nachzulaufen. Wir leben in einer Zeit, in der das folgende Duâ unseres Propheten ﷺ eine ganz besondere Bedeutung hat: „(O Allah!) Gewähre mir einen guten Ahlâk, den keiner außer dir kann mir einen solchen gewähren; und halte einen schlechten Ahlâk von mir fern, denn keiner außer dir kann einen solchen von mir fernhalten!“[5]
Liebe Geschwister!
In einem Hadith heißt es: „Klug ist derjenige, der mit seinem Nafs abrechnet und für (das Leben) nach dem Tod arbeitet. Unfähig hingegen ist jener, dessen Nafs seinen Gelüsten folgt, während er Allah um (alles Mögliche) bittet.“[6] Unseren Gelüsten zu erliegen, uns unserem Nafs zu ergeben, führt uns an den Abgrund. Im Koran hat Allah uns gewarnt: „Aber es folgte ihnen ein Geschlecht, welches das Gebet unterließ und seinen Begierden folgte. Doch wahrlich, sie gehen dem Verderben entgegen.“[7]
Die Befreiung kann man dadurch erreichen, dass man die Verbote und Gebote Allahs ernst nimmt und der Sunna unseres Propheten ﷺ folgt. Allah möge uns zu jenen gehören lassen, die nicht ihrem Nafs erliegen, sondern diesen erziehen und dem Ahlâk des Islams folgen.
[1] Sure Sadschda, 30:9
[2] Sure Bakara, 2:156
[3] Sure Nisâ, 4:79
[4] Dârimî, Nikâḥ, 20; Ibn Mâdscha, Nikâḥ, 19
[5] Muslim, Musâfirîn, 201
[6] Tirmizî, Kiyâma, 25/2459; Ibn Mâdscha, Zuhd, 31
[7] Sure Maryam, 19:59