„Die Erinnerungskultur an den Holocaust muss mit Leben gefüllt werden und deutlich über das bloße Wissen hinausgehen. Sie zu pflegen und weiterzugeben an die künftigen Generationen obliegt uns allen“, erklärt Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass ist der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts. Bekir Altaş weiter:
„Unter dem totalitären Regime des Nationalsozialismus wurden Menschen aufgrund ihrer Herkunft und Religion mit einer beispiellosen Brutalität verfolgt und ermordet. Das Wachhalten der Erinnerung an diese Verbrechen und die Weitergabe einer Erinnerungskultur an die nachfolgenden Generationen obliegt uns allen. Wir müssen immer wieder daran arbeiten und mahnen, damit sich solche Schandtaten nicht wiederholen.
Gerade angesichts neuer Bedrohungen ist Wachsamkeit dringend erforderlich. Der Rechtspopulismus verbreitet sich zunehmend, pauschale Brandmarkungen und Anfeindungen gegenüber ethnischen und religiösen Minderheiten nehmen global zu. Gerade in Deutschland und Europa beobachten wir den Vormarsch rechter Gruppen mit großer Sorge. Im Bundestag sitzt sogar eine Partei, die Islamfeindlichkeit auf ihre Fahne geschrieben hat.
Wir stehen gemeinschaftlich in der Pflicht, die Erinnerungskultur lebendig zu halten. Das bloße Schulwissen über den Holocaust reicht nicht. Wir wissen aus zahlreichen Studienreisen der IGMG-Regionalverbände, welche Wirkung beispielsweise ein Besuch einer NS-Gedenkstätte auf junge Menschen hat. Es sind in der Regel bleibende und prägende Eindrücke, mit denen Jugendliche zurückkommen. Insofern ist die aktuelle Debatte über den Besuch von NS-Gedenkstätten richtig und wichtig.
Allerdings warnen wir davor, diese Debatte im Kontext von bestimmten Einwanderergruppen zu führen. Das ist ein gefährliches Unterfangen, weil sie die Wirkung eines Blitzableiters für den latenten Antisemitismus in der Mitte unserer Gesellschaft hat. Zugleich lenkt sie davon ab, dass in Deutschland Politiker wieder wählbar geworden sind, die die Erinnerungskultur an den Holocaust und NS-Gedenkstätten in Frage stellen. Noch vor wenigen Jahren hätten wir das in Deutschland so für nicht möglich gehalten.“