Die fünf Säulen des Islam
Für die Erfüllung der von Gott aufgetragenen Pflichten gilt der Grundsatz, dass alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist. Gott erlegt den Menschen nichts auf, was sie nicht zu tragen vermögen1. Außerdem müssen zur Erfüllung der Pflichten, Bedingungen erfüllt werden. Wenn diese nicht erfüllt werden können, haben die Muslime die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen zu befolgen. Dies haben die Muslime der flexiblen islamischen Rechtswissenschaft (fiqh) zu verdanken, in der die wichtigsten Grundlagen für das Leben der Muslime, bereits seit dem 8. Jh. geklärt wurden.
Die ‚Fünf Säulen des Islam‘
Jeder, der sich mit dem Islam beschäftigt, hat sicherlich von den ‚Fünf Säulen des Islam gehört:
- Das Glaubenszeugnis (Sahada), dass es keine andere Gottheit gibt außer Allah und dass Muhammad der Gesandte Gottes ist
- Das fünfmalige Gebet am Tag (Salat)
- Die jährliche Pflichtabgabe (Zakat) der Wohlhabenden an die Bedürftigen
- Das Fasten (eigentlich ‚das sich Enthalten‘) im Monat Ramadan (Saum)
- Die Pilgerfahrt (Hadsch) nach Mekka, die jeder Muslim einmal im Leben unternehmen muss, sobald es die finanziellen und gesundheitlichen Umstände erlauben
Zum Glaubenszeugnis
‚Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer (den einen) Gott und ich bezeuge, dass Muhammad sein Diener und Gesandter ist‘.
Ein wahrer Gläubiger ist jemand, der dies sowohl mit seiner Zunge bezeugt, als auch mit seinem Herzen und seinen Taten bestätigt. Unter Zwang darf und kann niemand Muslim werden.
Das arabische Wort ‚a_hadu‘ bedeutet: ‚Ich bezeuge!‘ und leitet sich ab von der Wortwurzel ‚_ahida‘ (‚Zeuge zu sein, anwesend sein‘); ‚_ahada‘ (‚Zeugnis ablegen, eine Zeugenaussage machen‘); und schließlich im III. Stamm ‚_ahada‘ (’sehen, beobachten‘). Dass heißt also, dass ein Muslim weiß, woran er glaubt und was er bezeugt. Der Glaube findet hier also nicht als ‚Spekulation‘ oder ‚Vermutung‘, sondern als ein bewusster Vorgang statt.
Zum Gebet
Laut Koran und Sunna ist es für alle volljährigen und geistig gesunden Muslime Pflicht, fünfmal täglich zu beten. Dabei werden die Gebetszeiten eingeteilt in ‚Gebet der Morgendämmerung, Mittagsgebet, Nachmittagsgebet, Abendgebet und Nachtgebet‘.
‚Und verrichtet das Gebet, gebt die Zakat und nehmt (beim Gottesdienst) an der Verneigung teil!‘ [2:43]
‚Ich bin Gott. Es gibt keinen Gott außer mir. Darum diene mir und verrichte, meiner (in Ehrfurcht) gedenkend, das Gebet!‘ [20:14]
Alle Gebete finden in arabischer Sprache statt. Außer diesem rituellen Gebet gibt es auch im Islam das Bittgebet (arab. dua), das jeder in seiner jeweiligen Muttersprache machen kann.
Zur Bedeutung des Gebets sagt der Prophet, dass es der Stützpfeiler der Religion ist. Wer immer es einhält, hält seine Religion aufrecht, und wer immer es nachlässt, lässt seine Religion einstürzen.
Es besteht jederzeit die Möglichkeit, einem solchen Gebet in einer Moschee vor Ort zuzusehen und den Muslimen direkt Fragen dazu zu stellen. Das Gebet beinhaltet Danksagungen und Lobpreisungen und dient dazu, zu allen Tageszeiten mit unserem Schöpfer und Erhalter in Kontakt zu treten.
Ramadan
Die Grundeinheit des islamischen Jahres ist ein ‚Mondjahr‘. Es besteht aus zwölf Monaten mit abwechselnd 30 und 29 Tagen. Die Dauer eines Mondjahres beträgt ca. 354 Tage. Der islamische Kalender beginnt mit dem 16. Juli des ‚Sonnenjahres‘ 622 n. Chr., dem Jahr der Auswanderung (Hidschra) der Muslime von Mekka nach Medina.
Die Namen der zwölf Monate lauten:
- al-Muharram (30)
- Safar (29)
- Rabi al-Awwal (30)
- Rabi at-Tani (29)
- Gumada al-Awwal (30)
- Gumada al-Ahira (29)
- Racab (30)
- Saban (29)
- Ramadan (30)
- Sawwal (29)
- Dzul-Qa’da (30)
- Dzul-Hicca (29 und 30 Tage in Schaltjahren)
In Sure [2:183] [2:184] [2:185] heißt es:
‚O ihr, die ihr glaubt! Das Fasten ist euch vorgeschrieben, so wie es denen vorgeschrieben war, die vor euch waren. Vielleicht werdet ihr (Gott gegenüber) ehrfürchtig sein. 184 Es sind nur abgezählte Tage. Und wer von euch krank ist oder sich auf einer Reise befindet, soll eine Anzahl anderer Tage (fasten). Und denen, die es mit großer Mühe ertragen können, ist als Ersatz die Speisung eines Armen auferlegt. Und wenn jemand freiwillig Gutes tut, so ist es besser für ihn. Und dass ihr fastet, ist besser für euch, wenn ihr es (nur) wüsstet! 185 Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist und als klarer Beweis der Rechtleitung und der Unterscheidung. Wer also in dem Monat zugegen ist von euch, der soll in ihm fasten…Gott will es euch leicht, Er will es euch nicht schwer machen, damit ihr die Frist vollendet und Gott rühmt, dass Er euch geleitet hat. Vielleicht werdet ihr dankbar sein.‘
Alle erwachsenen und gesunden Muslime müssen von Beginn der Morgendämmerung bis Sonnenuntergang fasten. Ausgenommen sind jene, die an Altersschwäche leiden, krank sind oder Reisende sowie schwangere und stillende Frauen, Wöchnerinnen und Frauen, die ihre Monatsperiode haben. Diese sind zur Erleichterung von der Fastenpflicht befreit, sollen dies jedoch zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.
Das deutsche Wort ‚Fasten‘ trifft nicht genau auf das zu, was mit ‚Saum‘ gemeint ist. Der arabische Begriff meint vielmehr eine Enthaltsamkeit, wobei der Verzicht auf Speisen und Getränke nicht das Ziel, sondern vielmehr das Mittel zum Zweck ist. Man soll in dieser Zeit seinen eigenen Körper kennen lernen und auch lernen Mitgefühl mit denjenigen zu empfinden, die wirklichen Hunger leiden. Außerdem lernt man was Ausdauer, Selbstbeherrschung, Enthaltsamkeit, Genügsamkeit und Geduld ist.
Am Ende des Monats findet das ‚Fest des Fastenbrechens‘ (Ramadan-Fest) statt. Die beiden Hauptfeste des Jahres sind:
das Opferfest (eid al-Adha), auch als ‚das große Fest‘ (al-eid al-Kabir) bezeichnet und
das Fest des Fastenbrechens (eid al-Fitr), auch als ‚das kleine Fest‘ bezeichnet (al-eid al-Sagir).
Zur Zakat
Zakat ist die jährliche soziale Pflichtabgabe der Wohlhabenden an die Bedürftigen:
„…Und die Spenden sind nur für die Armen und die Bedürftigen, (ferner für) diejenigen, die damit zu tun haben, diejenigen, deren Herzen gewonnen werden sollen, für den Loskauf von Sklaven, für die, die verschuldet sind, für die Sache Gottes und für den, der Unterwegs ist: eine Vorschrift von Gott. Gott weiß Bescheid und ist weise.“ [9:58] [9:59] [9:60]
Die Summe, von der Zakat gegeben wird, beträgt 2,5% des jährlichen „Überschusses“. Man unterscheidet bei der Zakat zwischen den äußeren Gütern (Feldfrüchten, Früchten und Vieh) und den inneren Gütern (Edelmetalle wie Gold und Silber und Kaufmannsware): Dies sind die Vermögensbestandteile aus denen die Zakat bezahlt wird. Die äußeren Güter sind sofort nach der Ernte zu bezahlen und die inneren Güter nachdem sie ununterbrochen in einjährigem Besitz liegengeblieben sind. Zakat wird häufig fälschlicherweise als „Almosen“ bezeichnet.
Es gibt zwar keine Institution, die den Zahlungsprozess kontrolliert, da jeder selbst für die Berechnung der Summe seiner Pflichtabgabe verantwortlich ist. Nicht selten wird die Zakat an Moscheen übergeben, die diese dann an die Bedürftigen weiterleiten.
Der eigentliche Gedanke, der hier zugrunde liegt, ist der, dass im Grunde alles was der Mensch besitzt, ein ihm von Gott anvertrautes Gut ist und der Mensch sich nur soviel davon nehmen darf, wie viel er zum Leben braucht. Der Prophet bezeichnet deswegen „Genügsamkeit“ als den wahren Reichtum. Den Überschuss sollen die Wohlhabenden zur Herstellung der sozialen Gerechtigkeit abgeben um sich von den „Schulden“ den Bedürftigen gegenüber zu „reinigen“. Das Wort Zakat trägt unter anderem auch die Bedeutung von „Gerechtigkeit“ und „Reinheit“.
Zur Hadsch
Die Stadt Mekka und in ihr die Kaaba (arab. für „Würfel“) symbolisieren das Herz der muslimischen Welt. Die Kaaba gilt als das erste Gotteshaus (Moschee), das je erbaut wurde:
„…Das erste (Gottes)haus, das den Menschen aufgestellt worden ist, ist dasjenige in Bakka (d.h. Mekka), zum Segen und zur Rechtleitung für die Menschen in aller Welt.“ [3:95] [3:96]
Im 8. Jahr nach der Hidschra (630 n.Chr.) wurde Mekka kampflos zurückerobert und der Prophet beseitigte alle in der Kaaba befindlichen (insgesamt 360) Götzen.
Die Pilgerfahrt wurde im 9. Jahr der Hidschra allen Muslimen einmal im Leben zur Pflicht gemacht:
„Die Pilgerfahrt findet in den bekannten Monaten statt [7].Und wenn jemand in ihnen die Pilgerfahrt auf sich nimmt (tritt in den Weihezustand ein:) Während der Pilgerfahrt keine sinnliche Begierde, keinen Frevel noch irgendein Streit. Was ihr an Gutem tut, Gott weiß es. Und verseht euch mit der Zehrung; aber wahrlich, die beste Zehrung ist Rechtschaffenheit. Fürchtet Mich, die ihr Verstand habt!“ [2:197]
Sie ist Pflicht für die,
- die volljährig sind;
- die (sowohl geistig, als auch körperlich) gesund sind;
- die frei sind;
- die über genügend eigene Mittel verfügen, keine Schulden haben und die, deren Existenz nicht bedroht ist.
- Während der Hadsch kommen jährlich mehr als 2 Mio. Muslime an einem Ort zusammen, so dass dieses
- Ereignis, das größte aller gemeinschaftlichen Ereignisse im Leben eines Muslims ist.
Während der Hadsch, die mehrere Wochen dauern kann, muss man folgende Dinge erfüllen:
- Äußerung des Wunsches die Hadsch durchführen zu wollen;
- vor dem Betreten der heiligen Stätten, körperliche Reinigung und das Anlegen der Ihram-Kleidung, die meist aus zwei weißen Stoffteilen besteht;
- die siebenmalige Umkreisung der heiligen Moschee (Kaaba) gegen den Uhrzeigersinn;
- Wanderung nach Mina, um (symbolisch) den kleinen, mittleren und großen Satan zu steinigen;
- beten und rasten am Arafat-Hügel (29 km südöstl. von Mekka), am 9. Dul Hicca, wo sich – laut Überlieferung – Adam und Eva wiederfanden;
- die Wanderung (14 mal) zwischen den Orten Safa und Marwa;
- das Schlachten von Opfertieren und vieles andere mehr.
In einer Überlieferung heißt es:
„Wer die Hadsch ohne böse Taten durchführt, wird zurückkommen wie ein neugeborenes Kind“. D.h., dass die Hadsch uns von unseren Sünden reinwäscht. In einer anderen Überlieferung heißt es: „…Es gibt keine andere Belohnung für eine (von Gott) angenommene Hadsch, als das Paradies“. Der Prophet bezeichnet die Hadsch sogar als den wertvollsten Dschihad: „Der wertvollste Dschihad ist eine Hadsch, die von Gott angenommen wird.“
Auf diesen oben genannten fünf Säulen ist der Islam aufgebaut und dies sind die wichtigsten Pflichten, die alle volljährigen und geistig gesunden Muslime erfüllen müssen.
In der Pflichtenlehre unterscheidet man jedoch zwischen zwei Pflichtebenen: Die eine Ebene ist die zwischen Gott und den Menschen (ibadat), zu denen die „fünf Säulen“ gehören, und die andere ist die der zwischenmenschlichen Beziehungen (muamalat). Diese werden aber nicht voneinander getrennt, auch wenn sie unterschieden werden.
Dazu ein Beispiel:
Wie unter „Zakat“ zu lesen ist, haben wohlhabende Muslime die Pflicht von ihrem Vermögen an Bedürftige abzugeben, weil diese ein Anrecht auf den Gütern der Wohlhabenden haben, weswegen es für diese eine „Pflicht“ ist, etwas davon abzugeben. Indem der Wohlhabende etwas abgibt, erfüllt er nicht nur den Menschen gegenüber seine Pflicht – wodurch ein soziales Gleichgewicht in der Gesellschaft erreicht werden soll – er erfüllt sie auch Gott gegenüber, so dass er entweder im irdischen oder im jenseitigem Leben, seinen Lohn dafür erwarten kann.
Man muss wissen, dass alles was im Islam eine Pflicht ist, zugleich auch ein Recht ist (s.o. unter Din). Denn das arabische Wort für „Recht“ (Haqq) bedeutet auch zugleich „Pflicht“: Ein Kind hat das Recht auf Pflege, Ernährung und religiöse Unterweisung durch seine Eltern. Und andersherum haben die Eltern die Pflicht ihre Kinder zu pflegen, zu ernähren und sie in ihrer Religion zu unterweisen.
Quelle: http://www.igmg.org/nachrichten/artikel/2007/02/08/die-fuenf-saeulen-des-islam.html